Alte Sakristei Lüneburg

Nachricht Lüneburg, 24. Juli 2014

Wahrer Kirchenschatz in der Alten Sakristei

In Lüneburg ist ein höchst sehenswertes neues Museum entstanden – die Alte Sakristei in der Ursula-Kapelle in der St.-Johannis-Kirche.

Es war 2007. Im Zusammenhang der letzten großen Renovierung der Lüneburger St. Johanniskirche wurde auch die Elisabethkapelle im Südschiff aufgeräumt.

In einem der dort stehenden alten Schränke „kam etwas zu Tage, was offiziell nicht inventarisiert war“, erinnert sich Kathrin Meinecke vom Kirchenvorstand: Alte Textilien aus gottesdienstlichem Gebrauch. Daraufhin habe eine damalige Kirchenvorsteherin die Fundstücke in die Textilwerkstatt der Klosterkammer Hannover im Kloster Lüne gebracht. Restauratorin Wiebke Haase habe gleich geahnt, wie wertvoll der Fund war.

„Schon bei meinem ersten Werkstattbesuch kam der Gedanke auf, dass die Objekte nicht nur restauriert werden müssten, sondern vielleicht in einer dauerhaften Präsentation der Öffentlichkeit zugänglich gemacht werden könnten“, erinnert sich Kathrin Meinecke.

Nun ist die Idee Wirklichkeit geworden. Am vergangenen zweiten Adventssonntag wurde in der Ursula-Kapelle in St. Johannis die „Alte Sakristei“ eröffnet – mit einer Ausstellung von sakralen Schätzen der gotischen Hallenkirche aus sechs Jahrhunderten.

Nach eingehenden materialtechnischen Untersuchungen, Quellenforschungen und kulturhistorischen Recherchen plante Wiebke Haase zusammen mit ihrer Kollegin Tanja Weißgraf zunächst die restauratorischen Maßnahmen. Sodann wurde das Konzept für die Ausstellung bedacht: Die einzelnen Objekte sollten didaktisch aufbereitet unter dem gemeinsamen Thema Liturgie dargestellt werden.

Die Kunsthistorikerin Charlotte Klack-Eitzen nennt Schwerpunkte: „Die Reliquienverehrung, die für die Menschen im Mittelalter von großer Bedeutung war, das Abendmahl, dessen kostbare Ausstattung die Ehrfurcht der heiligen Handlung gegenüber erkennen lässt, die Schrift, die die Grundlage des christlichen Glaubens bildet, und der Altar als Zentrum jeden Kirchenraums.“ Nicht zuletzt aufgrund des Raumklimas und der Lichtverhältnisse bot sich die Ursula-Kapelle im Nordschiff als Ausstellungsraum an.

Auch ein Evangeliumstext aus dem 13. Jahrhundert

Die Sammlung besteht zunächst aus den 2007 gefundenen Textilien, die im Mittelalter wie auch nach der Reformation beim Altardienst verwendet wurden.

Aus konservatorischen Gründen wurden der Kreuztragungsaltar sowie die wertvollen Predellentafeln des 1611 in Lüneburg gestorbenen Malers Daniel Freese aus der benachbarten Elisabeth- in die Ursula-Kapelle verlegt.

Weitere Ausstellungsgegenstände sind unter anderem ein neu entdeckter Evangeliumstext aus dem 13. Jahrhundert, ein Reiseabendmahlskelch aus dem 19. Jahrhundert sowie Objekte aus dem Museum Lüneburg.

„So beherbergt die Alte Sakristei einen wahren Kirchenschatz: Abendmahlsgeräte, Textilien, Reliquien und Bücher, die alle zur Ausstattung einer Gottesdienstfeier bzw. mittelalterlichen Messe gehören“, resümiert Kathrin Mei­-necke stolz. Innerhalb der Landeskirche sei St. Johannis damit die erste Kirche, „die eine solche Präsentation ihrer Kunstschätze in der Kirche selbst hat“.

Auch Thorsten Albrecht, der das Projekt als Kunstreferent der Landeskirche begleitete, zeigt sich begeistert. Aufgrund natürlicher Abnutzung sowie der Gefährdung durch Insekten und Nagetiere zählten historische Textilien „zu den großen Seltenheiten“.

Zwar seien die Stoffe über die Jahrhunderte hinweg nicht unter heute möglichen konservatorischen Bedingungen aufbewahrt worden, „aber immerhin – sie sind noch da“. Mit der jetzt eröffneten Ausstellung, dem Textilmuseum im Kloster Lüne und Objekten im Museum Lüneburg entwickle sich Lüneburg zu einem „Zentrum der Nordeuropäischen Textilkunst“.

Christine Schmid, als theologische Expertin Mitglied im Kunstausschuss des Johannis-Vorstandes, hat es auch die Ästhetik angetan. „Die Schönheit der Gewebe, die Stickmuster, das Leuchten der Farben, die Kunstfertigkeit früherer Generationen sind eine wahre Freude“, bekennt die Lüneburger Superintendentin. Der Betrachter werde in den Bann gezogen von sichtbarer Hochschätzung der Liturgie und spürbarer Ehrfurcht vor dem Heiligen.

Nach Angaben von Kathrin Meinecke hat das Projekt rund 130 000 Euro gekostet, einschließlich aller Baumaßnahmen und Restaurierungsarbeiten sowie der Medienstation zur Erläuterung der einzelnen Ausstellungsstücke. Für die Finanzierung sorgten verschiedene Stiftungen, die hannoversche Landeskirche, der Lüneburgische Landschaftsverband und nicht zuletzt der Patron von St. Johannis – die Hansestadt Lüneburg.

Hartmut Merten, Ausgabe 50

Alte Sakristei

In alten Schränken lagen sie.
Unbeachtet lange Zeit.
Tücher und Taschen,
Kelche und Kissen,
Reliquien und Retabel.
Aus dem Mittelalter und den Jahrhunderten nach der Reformation.
Wieder entdeckt im Jahr 2007.
Sie erzählen von
Frömmigkeit und Gottesdienst,
Ratsherrenstolz und Handwerkskunst,
von Heiligen und vom Heil für Kranke.
Heilige Dinge im Wandel.
Aus alten Schränken ausgepackt.
Jetzt leuchten sie in unsere Zeit.

Dieser Text des Schriftstellers Heinz Kattner begrüßt – an die Wand gegenüber der Eingangstür projiziert – die Besucher der Ursulakapelle.